Zum letzten Treffen im heurigen Jahr (im Dezember treten sich die Weihnachtsfeiern auf die Füße, es ist kein Platz für uns) trafen sich nur 13 Mann, es gab zahlreiche krankheitsbedingte Ausfälle. Dennoch wurden wir aus Platzgründen in den Kellerraum des Vereinsheims „verbannt“, was aber eigentlich eine Verbesserung bedeutet, denn das Licht ist da unten wesentlich besser zum Modelle anschauen und fotografieren, und das Essen schmeckt gleich gut.
Den Anfang machte diesmal Jürgen W. (III?) mit zwei Schmuckstückchen in 1/72.
Sein Sikorsky HO3S‑1, ein Hubi aus dem Koreakrieg (1953) zeigte, wie man mit Ausdauer und Geschick aus einem Schweineohr ein Seidentäschchen machen kann, wie die Engländer sagen. Der Bausatz von LF hatte seine Hürden, vor allem die Glasfront machte buchstäblich Probleme rechts, links, oben und unten, d.h. bei der Passung des gesamten Rumpfes. Dafür gabs einen Rotorkopf aus Ätzteilen, den man in Spritzguss so nicht bekommt. Hut ab, auch vor der Messing-gescratchten Winde!
Im Gegensatz dazu war die ebenfalls rundherum fein ausgeführte F-4F der Bundesluftwaffe von Revell problemlos zu bauen – solange man das Cockpit nicht zumachen möchte (irgendwas ist immer!). Die ungewöhnlichen grünen Farbmarkierungen trugen die Maschinen des JG 72 bei Luftkampfübungen 1995 in Kanada, wo auch die verschiedenen Mannschaften mit Farben markiert wurden. Ein Blick auf die Unterseite (sorry, kein Foto) zeigt die phöllig phertrauten gelblichen Verdreckungsspuren (Spuren? Dreckautobahnen!) einer Phantom, diesmal neu mit Acrylstift von Pelikan aufgebracht! Das Fahrzeug und Zubehör auf der Base sind von Hasegawa, die Figuren von Preiser.
Christian hatte eine kleine feine A320-211 in 1/200 mitgebracht, wie immer um diese Zeit ein Wunschmodell für seinen Vater. Der Bausatz von Hasegawa machte im Zusammenbau keine Probleme, ein rundum-sorglos-Paket einschließlich Rumpfgewicht. Wenn man nun denkt, die Bemalung sei eine Fußnote im Bau, denn „die Airliner sind eh alle weiß“, täuscht man sich. Die speziellen Farben von Airlines sind eine Wissenschaft für sich, zum Glück gibt es „Air Canada Ice Blue“ direkt von XtraColor; den Kontrast erkennt man an den weißen Antennen an der Rumpfoberseite. Decals stellen die besondere Schutzfarbe an den Flächenoberseiten dar; das Ahornblatt-Markierungen kamen auch von einem Dritthersteller.
Jürgen G. (V?) hatte mal keinen Doppeldecker dabei, aber blieb seinem Herzensmaßstab 1/32 treu. Die North American T-6 „Texan“ von Kittyhawk ist ein feiner, gut passender und detailreicher Bausatz, und der Typ ist bekannt aus Film und Fernsehen als Fw 190, Zero und was sonst noch alles einen Sternmotor hat. 😊 Die dargestellte Maschine hingegen war trotz knallgelber Farbe eine echte Einsatzmaschine der Franzosen im Algerienkrieg, daher auch die Außenlasten. Als wäre Gelb nicht ohnehin schon eine schwierig zu verarbeitende Farbe, ist es Jürgen gelungen, nicht nur die Farbvariationen innerhalb der Oberfläche, sondern auch die Abnutzungsspuren und Details super hinzukriegen.
Mit drei fertigen Maschinen seit dem letzten Treffen vor vier Wochen schlug Markus wieder alle Rekorde an Bauzeiten.
Die Zero von Eduard in 1/48 wurde in einer Woche „noch schnell für den Gruppenbau“ von Schachtel-auf bis Modell-fertig gebracht, damit die arme F-14 vom Final Countdown (löblich und artgerecht) nicht so alleine war. Der Bau war problemlos; die in-sich-variable Farboberfläche hat Markus mit der Punkt-Methode realisiert – hell grundieren, dunkle Punkte von Reiskorn- bis Münzgröße drauf, eigentliche Farbe drüber. Für die Reibungslosigkeit von Bau und Lackierung rächte sich der Bausatz mit den Decals, die sich partout nicht von ihrer Trägerfolie trennen wollten.
Markus‘ Kawanishi N1K Shiden in 1/48 von Hasegawa stammt noch aus dem Nachlass von Hansjochen Nester. Wieder etwa eine Woche Bauzeit, zugegebenermaßen nicht von Schachtel-auf, ein paar Dinge hatte Markus schon vorher bearbeitet. Die Punkttechnik führte in diesem Fall nach Markus‘ Ansicht nicht zu dem Grünton, den er gerne gehabt hätte, aber es sei angemerkt, dass der Unterschied zur Hayate (weiter unten) sich vor allem aus den unterschiedlichen Grüntönen von Armee und Marine des kaiserlichen Japan ergibt. Jedenfalls ist die Oberfläche wieder schön unruhig geworden, Farbabplatzer wurden mit Bemalung realisiert, und insgesamt wurden zum Bausatz nur Sitzgurte ergänzt, alles andere war OOB. Die Decals waren trotz Hasegawa (die sonst einen eher unnachgiebigen Ruf haben) streichelfein. So schlägt man Bauzeitrekorde!
Zu guter Letzt hatte Markus noch eine Nakajima Ki-84 Hayate in 1/32 von Hasegawa im Gepäck. Auch dieser Bausatz wurde in Punkttechnik ausgeführt, zusätzlich wurden Farbabplatzer durch echte Alu-Grundfarbe mit tatsächlich abgeplatztem Grün erstellt. Wer sich wundert, warum die Hinomarus trotz sonst verratzter Oberfläche fast makellos sind: die Hinomarus möglichst intakt zu halten, hatte wohl besondere Priorität, warum auch immer. Der Bau hat Markus derart Spaß gemacht, dass er lächelnden Gesichts mit mehr Hayates heimgefahren ist, als er gekommen ist, und Nachlassverwalter Jo (ebenfalls lächelnd) mit weniger.
Ganz allgemein haben an diesem Stammtisch mehr Modelle den Besitzer gewechselt, als auf dem Tisch standen, und das ist zwar ein Rekord, aber auch gut so, denn sind wir nicht alle Jäger und Sammler? Und wenn schon von besitzwechselnden Schachteln die Rede ist: allen Modellbauern guten Willens an dieser Stelle jetzt schon ein stressloser Advent und etwas Plastik unterm Baum, und viel Zeit und Mojo zum Bauen.
Euer Harald Rotter
Lebendig geschriebener Bericht und perfekt gebaut Modelle! Klasse, was hier aufgetischt wurde!