Eine kleine aber feine Runde traf sich am 12.08. in unserem traditionellen Séparée im TVN-Vereinsheim. Urlaubszeit ist, d.h. manche von uns sind sich erholend abwesend, andere arbeiten auch um diese Zeit noch, einer kam direkt vom 600 km entfernten Arbeitsplatz, und mindestens einem von uns wurde kürzlich der Brustkorb aufgesägt, was als Entschuldigung gerade noch durchgeht. Namen werden keine genannt, aber wir alle wünschen dir gute Besserung!
Zimmo war abwesend und hatte uns Drehscheibe und Samttuch nicht vorbeigeschickt, also wurde kurzerhand eine Transportschachtel in edel-verhaltenem Weiß als Basis für die Präsentation der Modelle genutzt.
Michael setzte seine Segelfliegerphase konsequent fort und zeigte eine Grob Astir CS 77 von KP im Maßstab 1:72, deren Original von 1977 bis 2021 im Segelfliegerclub Schwäbisch Hall im Einsatz war. Das mit Resin gepimpte Cockpit war unter der selbstgezogenen Haube gut zu sehen. Weil ein Segelflieger allein eben allein ist, bekam er einen gescratchten Hänger und Betreuer mit T-Shirts des genannten Segelfliegerclubs dazu (Decals selbst gedruckt), und das alles auf einer Base, die eine Ackerlandung darstellt. Jeder Betrachter ist selbst aufgerufen, sich vorzustellen, was da wächst!
Meine Wenigkeit zeigte als Teil unseres Gruppenbauprojekts „Naher Osten“ eine Flugabwehrrakete S-75 Dvina (NATO-Bezeichnung „SA-2 Guideline“) in 1:72 des Herstellers HobbyBoss. Das Original machte 1967 in Ägypten den Israelis das Leben nicht so schwer wie vorher Gary Powers in seiner U-2 und nachher den Amerikanern in Vietnam, ist aber jedenfalls die wohl bekannteste Flugabwehrrakete der Welt. Der Bausatz war traumhaft, feine Details, exzellente Passform, auch nach fertiger Bemalung kann die Rakete passgenau auf die Startschiene geschoben werden. Nur die sich einfaltenden zahlreichen Decals des Flugkörpers machten mir Mühe – hätte ich mal gelernt, Decals selbst herzustellen!
Uli zeigte wieder einmal einen Exoten der Vorkriegszeit, die Focke Wulf Fw 158, einen auch optisch chancenlosen Konkurrenzentwurf zur Bf 109. Hervorzuheben ist das exotisch gestrickte Einziehfahrwerk, das das Original einem störrisch im Sand hockenden Esel gleichen lässt. Der Resinbausatz von RS models in 1:72 passte genau in Ulis Beuteschema: Rumpfhälften unterschiedlich groß, Cockpit winzig und ohne Einrichtung, Cockpithaube superklobig, Bauchkühlerauslass nicht vorhanden, Tragflächenstreben verbogen… von alledem merkt man am fertigen Modell natürlich nichts mehr, ganz wie wir es von Uli gewohnt sind!
Jürgen hatte Feuerwehr im Gepäck… wie bitte?! Ach so, mit Ketten, dann passt es wieder. Ein SPOT-55 (tschechischer Feuerlöschpanzer auf der Wanne des T-55) und Big Wind, ein ungarischer Ölquellenfeuerauspuster (man kann auch „Aerosollöschfahrzeug“ sagen) aus der Zeit nach dem 2. Golfkrieg, bestehend aus zwei MiG-21-Triebwerken R-25 auf der Wanne eines T-34. Zwei absolute Exoten in 1:72 aus Resin-3D-gedruckten Bausätzen mit nicht sehr vielen Teilen, aber dafür mehr Zeit für die Bemalung. Die wurde auch gut genutzt, wie die Fotos zeigen – altes, verranztes Triebwerk trifft verblichenes Feuerwehr-Orange.
Thomas hatte den weiten und staugeplagten Weg aus Landshut zu uns gemacht (vielen Dank!) und hatte eine Hawk 200 von Matchbox in 1:72 im Gepäck. Wer nun beginnt, die feinen Blechstöße und das gut ausgestattete Cockpit des Bausatzes zu loben, der möge sich besinnen und sich an die tiefen Gräben und Minimalcockpits erinnern, für die Matchbox bekannt ist, so auch bei diesem Bausatz. Beides hat Thomas sich zur Brust genommen; die Cockpithaube sieht gezogen aus, ist aber das Original (dick, aber gleichmäßig), und mit feiner Pinsellackierung hat er einen schönen Demonstrator der RAF für die erhofften (und eingetretenen) Verkäufe des Typs in den Nahen Osten hergestellt.
Markus hatte den Klopper des Abends mitgebracht. Nein, keine Missouri, sondern die USS Alaska von HobbyBoss in 1:350, ein Large Cruiser (oft auch Keinschwererkreuzer, Keinschlachtschiff oder Keinschlachtkreuzer genannt – kurz: ein Exot) des 2. Weltkriegs, ein Kreuzer mit der Länge (aber nicht der Tonnage) der Bismarck. Von vorne bis hinten gab es am Modell eine Menge an Fotoätz- und sonstigen Klein- und Kleinstteilen zu sehen, zusammengehalten von einer fein ausgeführten Tarnung der US Navy. Angesichts der Ausführung des Modells zogen mindestens zwei bislang eiserne Anhänger des 1:700 Schiffsmaßstabs einen Ausflug in den Häretikermaßstab 1:350 in Erwägung.
An Leib und Modellbauerseele mehr als gesättigt beschlossen wir den Abend – ich selbst habe beschlossen, ab jetzt nur noch die Seniorenportion zu nehmen. Aber nicht im Modellbau!
Euer Harald Rotter